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Urologische "Herzensangelegenheit"


Dr. Mathias Barba: Erektile Dysfunktion kann Warnsignal sein

Erektile Dysfunktion kann Warnsignal sein
Dr. Mathias Barba, Chefarzt der Urologie an der Kreisklinik Ebersberg, weist Männer
darauf hin, dass eine erektile Dysfunktion Frühsymptom für einen drohenden Schlaganfall
oder Herzinfarkt sein kann. Foto: privat


Ebersberg – Das Thema ist so sensibel wie der betroffene Körperteil und die Psyche der Männer: Zwischen 30 und 50 Prozent der Männer über 40 Jahre sind in unterschiedlicher Ausprägung von einer erektilen Dysfunktion betroffen. Sie kann nicht nur Selbstwertgefühl und Partnerschaft belasten, sondern auch Vorbote einer gefährlichen Herz-Kreislauf-Erkrankung sein. Dr. Mathias Barba, Chefarzt der Urologie an der Kreisklinik Ebersberg mit gesonderter Ausbildung in psychosomatischer Grundversorgung, rät Betroffenen daher dringend zur Ursachenabklärung.

Frage: Was versteht man unter einer erektilen Dysfunktion?

Dr. Barba: Die erektile Dysfunktion, kurz: ED, ist der Überbegriff für vorzeitigen Samenerguss, Libido- und Gliedsteifeverlust. Die deutsche Gesellschaft für Urologie definiert Impotenz, also fehlende Gliedsteife, als „ein chronisches Krankheitsbild von mindestens sechsmonatiger Dauer, bei dem mindestens 70 Prozent der Versuche, einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, erfolglos sind.“ Das heißt, es ist ganz normal, dass Mann mal nicht kann. Ist das Problem dauerhaft vorhanden, sollte der Betroffene aber einen Urologen aufsuchen.

Frage: Welche Ursachen kann eine ED haben?
Dr. Barba: In rund 70 % Prozent der Fälle können wir organische Ursachen feststellen, dazu zählen Begleiterkrankungen wie Diabetes, Rauchen, Übergewicht oder Operationen im kleinen Becken. Auslöser können auch Medikamente wie etwa Blutdrucksenker sein. Der Rest hat psychische Hintergründe. Häufig kombiniert sich die psychosomatische mit der organischen Ursache.

Frage: Wie klären Sie die Diagnose ab?
Dr. Barba: Am Beginn steht immer eine Befunderhebung. Neben einem sehr ausführlichen Gespräch und einer körperlichen Untersuchung haben wir natürlich auch eine Reihe diagnostischer Möglichkeiten. Wenn sich hierbei ein Verdacht auf verkalkte Gefäßwände zeigt, müssen sich die Patienten unbedingt kardiologisch untersuchen lassen. Denn verstopfte Penisgefäße können auf verstopfte Herzkranzgefäße hinweisen und somit das Frühsymptom für einen drohenden Herzinfarkt oder Schlaganfall sein.

Frage: Gehen überhaupt alle Männer mit einer ED zum Arzt?
Dr. Barba: Nein, sicher nicht. Der Leidensdruck ist ganz individuell und im Allgemeinen spielt das Thema im hohen Alter nicht mehr die ganz große Rolle. Wichtig ist, den Menschen zuzuhören. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle: Wo soll die Reise hingehen, welche Sexualität will ich leben? Klare Worte wie das deutsche Wort Gliedsteife statt Erektion helfen in der Kommunikation schon mal sehr viel weiter.

Frage: Sie wünschen sich aber auch eine gute Kommunikation zwischen Mann und Frau?
Dr. Barba: Unbedingt. Ich möchte die Frauen so schnell wie möglich ins Boot holen. Männer definieren sich immer noch stark über ihre Sexualität, sie können sich auch hier kaum dem Druck der Leistungsgesellschaft entziehen. Ganz viel passiert im Kopf. Stress durch Arbeit oder zu Beginn einer neuen Beziehung kann die Erektionsfähigkeit beeinträchtigen. Einmaliges Nicht-Können ist für die meisten Männer schon eine massiv negative Erfahrung und mit der Angst vor einem erneuten Versagen verbunden.

Frage: Dabei können die kleinen, blauen Pillen hilfreich sein?
Dr. Barba: Ja. Bei einer psychogen bedingten Dysfunktion braucht es oft nur zwei, drei Tabletten, die Männer erleben wieder Erfolge und der Teufelskreis der „Versagensängste“ ist so gebrochen, dass keine Unterstützung mehr gebraucht wird. Leider kommt es vor, dass Frauen den Männern vorwerfen, sie könnten sie nur mehr mit medikamentöser Unterstützung lieben. Hier muss mehr Verständnis füreinander Platz haben, damit auch weiterführende Hilfen wie die Vakuumpumpe oder selbst durchzuführende Spritzengaben in den Penis zum Aufbau einer Gliedsteife genutzt werden können.

Frage: Sie plädieren für mehr Verständnis zwischen Mann und Frau?
Dr. Barba: Sie müssen unbedingt miteinander reden. Wenn sich die Männer als Versager fühlen und schweigend zurückziehen, verunsichert das auch die Frauen. Stattdessen sollten die gegenseitigen Erwartungshaltungen formuliert werden, die oft anders ausschauen als vermutet. Das Aufeinanderzugehen kann schon mit einer Umarmung beginnen. Bei langjährigen Partnerschaften bleibt häufig die Zärtlichkeit auf der Strecke, sie bringt neue Lebensqualität.

Frage: Dabei muss es aber nicht bleiben, oder?
Dr. Barba: Nein, es kann eine Beziehung regelrecht bereichern, miteinander neue Varianten der Sexualität zu entdecken und zu erleben, dass die Penetration mit dem Penis nur eine von vielen Möglichkeiten einer befriedigenden Erotik sein kann. Einem erfüllten Sexualleben steht also mit einer ED nichts im Wege.


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