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Wenn die Luft wegbleibt: Häufige Lungenerkrankungen


Diagnose und Therapie in der Kreisklinik Ebersberg

Diagnose und Therapie häufiger Lungenerkrankungen in der Kreisklinik Ebersberg
Bildgebende Untersuchungsverfahren unterstützen Prof. Thomas Bernatik, Chefarzt Innere Medizin, bei der exakten Diagnostik einer Lungenerkrankung. Foto: kk/sf

Ebersberg, Juli 2017 – Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, im Englischen chronic obstructive pulmonary disease (COPD), zählt zu den häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland. Schätzungen zufolge sind zehn bis zwölf Prozent der über 40-Jährigen und ca. 20 bis 25 Prozent der über 70-Jährigen davon betroffen, Forscher gehen davon aus, dass COPD im Jahr 2025 zur dritthäufigsten Todesursache weltweit gehören wird. Oft wird die Erkrankung erst sehr spät erkannt und kann zudem mit anderen Lungenerkrankungen verwechselt werden. Prof. Thomas Bernatik, Chefarzt der Inneren Medizin der Kreisklinik Ebersberg, über Symptome, Diagnostik und Therapie.

Prof. Bernatik, was ist eine COPD?
Eine COPD ist eine chronische, auf einer Verengung der Atemwege basierende Erkrankung der Lunge. Zu zirka 80 Prozent sind Raucher davon betroffen, mittlerweile geht man aber davon aus, dass auch Feinstaub eine nicht unerhebliche Rolle spielen kann. Die COPD beginnt meist mit einer chronischen Bronchitis. Chronisch heißt, wenn der Patient innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Jahren für mindestens drei Monate unter Husten, vermehrter Schleimbildung und Auswurf leidet. Je länger der Zustand dauert, desto mehr Narbengewebe entsteht durch die Entzündung in den Atemwegen und verengt sie. Im späteren Verlauf kommt noch Atemnot hinzu sowie bei vielen Betroffenen ein Lungenemphysem. Auch ein Bronchialkarzinom kann sich bei einer COPD entwickeln.

Das Lungenemphysem ist eine eigenständige Erkrankung, richtig?
Ja. Bei dieser Erkrankung blähen sich die Lungenbläschen am unteren Ende der Bronchiolen auf, die Trennwände werden zerstört und damit verringert sich die für den Gasaustausch verfügbare Fläche. Die Patienten klagen zwar über Atemnot, aber in Wirklichkeit sind die Lungen überbläht und die Patienten können die Luft nicht beziehungsweise nur schwer ausatmen. Die Folgen des fehlenden Gasaustausches sind eine mangelnde Sauerstoffversorgung des gesamten Organismus. Patienten mit einem Lungenemphysem leiden daher meist unter zwei bis drei Begleiterkrankungen, darunter auch Erkrankungen des Herzens.

Wodurch kann ein Lungenemphysem verursacht werden?
Wie schon gesagt kann es infolge einer COPD entstehen. Es gibt jedoch auch sogenannte Narben-Emphyseme bei Patienten, die eine schwere Lungenentzündung oder Tuberkulose durchgemacht haben oder schon mal eine Lungenoperation hatten, etwa eine Tumorentfernung. Zudem ist es bei vielen älteren Menschen ab 70 Jahren verbreitet, auch bei Nichtrauchern. Dieses Altersemphysem ist jedoch oft asymptomatisch.

Wie äußern sich die Symptome?
Die Patienten klagen über Atemnot bei körperlicher Belastung, etwa beim Treppensteigen – ähnlich wie bei einer Herzerkrankung. Die Beschwerden werden also erst sehr spät wahrgenommen, wenn die Sauerstoffversorgung des Körpers schon minimiert ist.

Patienten mit Asthma klagen auch über Atemnot. Wo liegen bei den drei Erkrankungen die Unterschiede in der Symptomatik?
Die Atemnot bei Asthma-Patienten zeigt sich in zeitlich begrenzten Schüben, die nach einer Weile wieder nachlassen, ausgelöst etwa durch eine Allergie gegen bestimmte Stoffe oder eine Überempfindlichkeit der Atemwege gegenüber Reizen. Dabei kommt es zu einer Anschwellung der Schleimhäute in den Bronchien, oft begleitet von einem Enge-Gefühl in der Brust. Manchmal äußert sich Asthma auch nur durch einen trockenen Husten. Bei einer COPD sind zunächst Husten und Auswurf im Vordergrund. Bei einem Lungenemphysem sowie bei einer fortgeschrittenen COPD ist die Atemnot zwar schwankend, aber doch dauerhaft vorhanden.

Wie lassen sich diese Lungenerkrankungen diagnostizieren?
Nach der körperlichen Untersuchung und dem Gespräch mit dem Patienten wird eine Lungenfunktionsprüfung vorgenommen. Dabei messen wir das Atemvolumen und den Atemfluss. COPD und Emphysem können nur dadurch festgestellt werden. Zudem wird getestet, ob sich die Beschwerden nach der Inhalation eines bestimmten Medikamentes bessern. Bei Asthma-Patienten ist das der Fall. In der Regel werden dann keine bildgebenden Untersuchungsverfahren mehr angewendet, wohl aber bei Verdacht auf eine andere Erkrankung der Lunge. Um eine Lungenentzündung oder ein Bronchialkarzinom auszuschließen, führen wir eine Röntgenuntersuchung oder eine Computertomografie (CT) durch. Wird dabei eine Auffälligkeit entdeckt, nehmen wir noch eine Bronchoskopie vor, also eine Lungenspiegelung. Das gilt auch für den Fall, dass Spülflüssigkeit aufgrund eines unbekannten Krankheitserregers untersucht werden muss oder der Verdacht auf ein Karzinom besteht.

Wie werden die COPD, ein Lungenemphysem und Asthma therapiert?
COPD und Lungenemphysem verursachen irreversible Schäden an der Lunge. Die Erkrankungen können nicht geheilt, aber der Verlauf medikamentös abgemildert beziehungsweise gestoppt werden. Bei der COPD geht es vorrangig darum, die Entzündung zu blockieren. Patienten mit diesen Erkrankungen lernen Atemtechniken, die ihnen das Ausatmen erleichtern und erhalten im Spätstadium eine Sauerstofftherapie. Bei Asthma reicht es oft, bestimmte Allergene zu meiden oder eine Allergie-Therapie durchzuführen.

Wie kann man Lungenerkrankungen, insbesondere Lungenkrebs, vorbeugen?
An vorderster Stelle: Nicht rauchen! Weil Raucher auch im Hinblick auf die Entstehung eines Bronchialkarzinoms besonders gefährdet sind empfehlen ganz aktuell Fachgesellschaften in den USA, bei jedem langjährigen Raucher ab 55 Jahren ein CT-Screening durchzuführen. In Deutschland wird das derzeit diskutiert. Gegen Feinstaub sind wir relativ machtlos, das ist ein umweltpolitisches Thema. Er steht im Verdacht, nicht nur Lungenerkrankungen zu begünstigen, sondern auch Krebserkrankungen an Leber und Bauchspeicheldrüse.

Das Gespräch führte Sybille Föll


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