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Erfahrung und Wissen des Operateurs sind die Basis


Erste Operation mit dem neuen Da Vinci Operationssystem

Erste Operation mit dem neuen Da Vinci Operationssystem
Foto: Dominik Gigler

Ebersberg, Juni 2023 – In wenigen Wochen wird in der Kreisklinik Ebersberg der erste Operateur mit Unterstützung des Operationssystems Da Vinci einen Eingriff vornehmen. Es wird ein urologischer Eingriff sein. Die beiden Chefärzte der Abteilung Urologie der Kreisklinik Ebersberg, Dr. Mathias Barba und Prof. Martin Kriegmair, erklären, welche Vorteile das Operationssystem für Patienten und Operateure hat.

Die Kreisklinik Ebersberg hat Ende März das roboter-assistierte Operationssystem Da Vinci bekommen. Ärztinnen und Ärzte wurden im Umgang mit Da Vinci geschult. Was kann Da Vinci, der oft auch als Roboter bezeichnet wird, leisten?
Barba: Der Da Vinci-Roboter assistiert die Operation. Die entscheidenden Schnitte der Operation werden dem Roboter vom Operateur vorgegeben. Es wird keine Entscheidung von einem Algorithmus getroffen. Der Roboter führt nur das aus, was der Operateur an der Operationskonsole macht. Und es sind immer noch die Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und ein weiterer Arzt direkt am OP-Tisch.
Kriegmair: Das einzige, was der Operateur kompensieren muss, ist der fehlende Tastsinn. Aber mit dem Robotersystem sehe ich dafür mehr und deutlicher, denn dessen winzige Kamera kann das Gewebe weiter vergrößern und mir Partien auf den Bildschirm besser darstellen, als ich es mit meinen Augen und einer noch so guten Lupe sehen könnte. Mit den viel beweglicheren, kleineren Roboterarmen, die ich als der Operateur steuere, komme ich an versteckt liegende Ziele. Man kann die Blutstillung besser kontrollieren. Und ich muss als Operateur keine schwierige Position einnehmen, das heißt ich kann entspannter und daher präziser arbeiten.

Wie steuert der Operateur Da Vinci?
Kriegmair: Mit den zwei großen Schlaufen für die Hände und mehreren Fußpedalen kann ich sehr genau navigieren. Die Software ist intuitiv zu verstehen, wie in einem Flugsimulator.
Barba: Die Koordination von Händen und Füßen ist ein bisschen wie Orgelspielen, das muss man ganz mechanisch üben. Die Erfahrung und das Wissen des Operateurs sind die Grundlage. Ohne sie kann der Roboter nichts.

Der Operateur kann also genauer und ermüdungsfreier arbeiten. Gibt es noch andere Vorteile?
Barba: Durch die kleine Kamera und die kleinen Roboterarme muss nur ein kleiner Schnitt gesetzt werden, eine mikroinvasive Aktion. Wir verletzen viel weniger Gewebe, dadurch sinkt das Infektionsrisiko und die Heilungsgeschwindigkeit steigt enorm. Letztendlich verkürzt diese inzwischen weltweit angewandte Operationsmethode die Liegedauer eines Patienten von 10 bis 14 Tage auf 3-5 Tage. Damit verringern wir das Thromboserisiko für den Patienten, eine sich entwickelnde Schonhaltung und daraus resultierende Schmerzen und Probleme werden minimiert, weil die Mobilisierung viel früher erfolgen kann.

Bei welchen Operationen wird Da Vinci eingesetzt?
Barba: In Ebersberg werden vornehmlich Prostatakrebs- und Nierenkrebsoperationen durchgeführt werden, aber Einsätze in der Chirurgie und Gynäkologie sind natürlich ebenfalls möglich.

Warum vor allem in der Urologie und Gynäkologie?
Barba: Hier wie dort arbeiten wir im kleinen Beckenbereich und kommen mit den filigraneren Roboterarmen leichter in Regionen zum Beispiel unterhalb des Schambeins, was etwa bei Prostata-Eingriffen unumgänglich ist. Verletzungen dort können Probleme wie Inkontinenz nach sich ziehen – je kleiner der Schnitt- und Nahtbereich ist, desto weniger Funktionsstörungen sind zu erwarten. Außerdem entstehen bei minimalinvasiven Operationen nur winzige Narben im Bauchbereich. Bei Einsatz des Da Vinci-Systems bei Nierenoperationen ist beispielsweise kein großer Bauchschnitt mehr nötig. Da sprechen wir von ganz anderen Ausmaßen an Narbengewebe, innerlich wie äußerlich.
Kriegmair: Es gibt operative Details, die mit diesem System besser möglich sind: So kann nach Entfernung der Prostata die neue Verbindung zwischen Harnblase und Harnröhre fortlaufend wasserdicht genäht werden, was bei einer offenen OP nicht möglich ist.

Kostet der Einsatz des Da Vinci-Systems den Patienten etwas?
Kriegmair: Nein. Die roboter-assistierte OP ist ein inzwischen etabliertes Verfahren der gehobenen Regelversorgung.

Und wenn ein Patient das nicht möchte?
Barba: Der Patient kann natürlich wählen. Aber wenn durch die gute operative Sicht eine nervschonende Operation vereinfacht ist, ist das ein guter Grund für den Einsatz des Da Vinci.

Seit wann arbeiten Sie mit diesem System?
Kriegmair: Ich operiere mit Da Vinci bereits seit 2017, in der Urologischen Klinik Planegg.
Barba: Wir trainieren mit Prof. Kriegmair und einem Chirurgen der Entwicklungsfirma, durchlaufen dabei diverse Zertifizierungen und demnächst noch ein spezielles Trainingscamp in Straßburg.

Dieses in den USA entwickelte System gibt es seit acht Jahren, aber es ist längst kein Standard. Warum?
Kriegmair: Deutschlandweit wird es an 300 Kliniken eingesetzt. Die Kreisklinik Ebersberg festigt mit dieser Anschaffung ihren Status als größeres Kompetenzzentrum auch im Bereich der Urologie, Chirurgie und Gynäkologie. Aber durch die bisherige Monopolstellung des Entwicklers war und ist das System sehr teuer.
Barba: Die tatsächlich millionenschwere Anschaffung des Geräts wurde über den Digitalisierungsfonds des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) des Bundes gefördert und ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft.

Das Gespräch führte Dr. Gabriele Sabo


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