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Ebersberger Handchirurgen zeigen in klinischer Langzeitstudie Erfolg eines gelenkerhaltenden Operationsverfahrens
„Da geht bestimmt noch was!“ Dr. Erwin Falter (li.) und Dr. Christian Metz wollen beim Test genau wissen, wie viel Kraft die Patienten nach der Operation wieder hat und ob die Schmerzen weg sind. Foto: kk/si
Ebersberg, Dezember 2015 – Mit fortschreitendem Alter leiden viele Menschen an Arthrose, der Zerstörung der Knorpelschicht eines oder mehrerer Gelenke. Die dritthäufigste Stelle, an der diese Erkrankung auftritt, ist das Daumensattelgelenk. Mehr als fünf Millionen Deutsche sind von der sogenannten Rhizarthrose (rhiza = griech. Wurzel) betroffen. Reicht eine konservative Behandlung nicht mehr aus, wird operiert. In einer Langzeitstudie untersuchten die Ärzte der Abteilung Plastische-, Ästhetische- und Handchirurgie der Kreisklinik Ebersberg, ein gelenkerhaltendes Verfahren. Die Ergebnisse trugen Chefarzt Dr. Erwin Falter und Oberarzt Dr. Christian Metz im September vergangenen Jahres auf einer Fachtagung in München vor. In Kürze werden sie in der renommierten britischen Fachzeitschrift „Journal of Plastic, Reconstructive & Aesthetic Surgery“ veröffentlicht.
Dr. Falter, wie kommt es zu einer Rhizarthrose?
Meist ist die Ursache altersbedingter Verschleiß; die Krankheit tritt deshalb häufig bei älteren Menschen auf. Manchmal ist es auch Überbeanspruchung. Wir brauchen das Daumensattelgelenk täglich, wenn wir etwas greifen. Es sitzt zwischen dem ersten Mittelhandknochen und dem Os trapezium – einem Handwurzelknochen – und ermöglicht die große Beweglichkeit des Daumens. Stabilisiert wird es von mehreren Bändern.
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar und wie verläuft sie?
Bei alltäglichen Tätigkeiten, zum Beispiel beim Aufschrauben eines Marmeladenglases, treten zunehmend Schmerzen auf. Später lässt, weil man die Schmerzen vermeiden möchte, die Kraft des Daumens und damit der Hand nach. Wir unterscheiden vier Stadien, die wir im Röntgenbild sehen können. Anfangs ist die Gelenkkontur noch unauffällig. Aufgrund des entzündlichen Prozesses bildet sich jedoch Flüssigkeit im Gelenk. Im zweiten Stadium ist der Gelenkspalt schmaler geworden, ein Hinweis auf den Verschleiß des Gelenkknorpels, im dritten Stadium ist dieser Spalt ganz verschwunden und es ist bereits eine deutliche Fehlstellung des Gelenks erkennbar. Der erste Mittelhandknochen tritt immer weiter heraus, meist haben sich Osteophyten gebildet, also Knochenneubildungen. Im Endstadium ist das Daumensattelgelenk komplett deformiert.
Wie wird die Rhizarthrose behandelt?
Dr. Metz: Im Anfangsstadium kann man konservativ viel tun: bei akuten Schmerzen Ruhigstellung der Hand, bei Belastung eventuell mit Hilfe einer Daumenbandage Überbeanspruchung vermeiden, Wärmebehandlungen. Entzündungshemmende Schmerzmittel oder cortisonhaltige Injektionen können helfen, den knorpelzerstörenden Entzündungsprozess zu hemmen, sollten aber wegen der Nebenwirkungen nicht über einen längeren Zeitraum angewendet werden. Auch physikalische Therapien können Linderung verschaffen, zum Beispiel mit Reizstrom oder Thermalbädern. Alternativ kann man auch Magnetfeldtherapie einsetzen.
Ist die Arthrose schon weiter fortgeschritten, wird eine Operation empfohlen. Eine Möglichkeit ist die Denervation des Daumensattelgelenkes, also das Durchtrennen der feinen Nerven, die dieses Gelenk versorgen. Ein häufig angewandtes Verfahren ist die Entfernung des Os trapezium in Kombination mit einer Sehnen-Interposition. Das bedeutet, mit Hilfe einer benachbarten Sehne wird der Mittelhandknochen stabilisiert. Vorteil: Es gibt keine Knochen-auf-Knochen-Reibung mehr und damit keine Schmerzen. Nachteil: Der Patient hat weniger Kraft beim Greifen, benötigt eine lang anhaltende Nachbehandlung. Es dauert mindestens drei Monate, bis der Patient seine Hand wieder normal gebrauchen kann.
Zuletzt gäbe es noch die Möglichkeit, eine Gelenkprothese einzusetzen. Davon raten wir aber ab, weil die Ergebnisse nicht überzeugend sind.
Welches Verfahren haben Sie in der Studie untersucht?
Dr. Falter: Eine Kombination aus Denervation, Gelenkspülung und Kapsel-Band-Raffung. Dabei wird eines der Seitenbänder neu fixiert, so dass das Gelenk stabilisiert ist. Das Os trapezium bleibt dabei erhalten.
Wir haben zwischen 2007 und 2013 insgesamt 73 Patienten mit dieser Methode operiert, 42 von ihnen haben sich einer Nachuntersuchung unterzogen: acht Männer und 34 Frauen mit einem Durchschnittsalter von rund 62 Jahren. Bei 20 von ihnen befand sich die Rhizarthrose im zweiten Stadium, bei 22 im dritten. Wir wollten herausfinden, ob die Patienten mit dieser Operationsmethode zufrieden sind, die Schmerzen reduziert wurden und die Gebrauchsfähigkeit der Hand verbessert werden konnte.
Welche Ergebnisse konnten Sie vorlegen?
Dr. Metz: In der Nachuntersuchung mit mehreren Belastungstests äußerten sich erfreulicherweise 36 von den 42 Patienten mit dem Ergebnis zufrieden bis sehr zufrieden. Ihre Schmerzen waren deutlich vermindert und die Gebrauchsfähigkeit des Daumens und der Hand erheblich verbessert. Komplikationen waren nur sehr selten aufgetreten.
Ein großer Vorteil der kombinierenden Methode ist die schnelle Mobilisierungsmöglichkeit. Nach dem Eingriff tragen die Patienten zwei Wochen eine Gipsschiene, danach für weitere zwei Wochen eine Daumenhülse und man kann bereits mit Bewegungsübungen beginnen. Schon nach etwa vier bis sechs Wochen ist die Funktion des Daumens wiederhergestellt. Für die Stadien zwei bis drei der Rhizarthrose hat sich dieses Verfahren als eine gute Therapiemöglichkeit erwiesen.
Das Gespräch führte Sybille Föll
» Zur Abteilung für Plastische Chirurgie
Arthrose am Daumensattelgelenk
Ebersberger Handchirurgen zeigen in klinischer Langzeitstudie Erfolg eines gelenkerhaltenden Operationsverfahrens
„Da geht bestimmt noch was!“ Dr. Erwin Falter (li.) und Dr. Christian Metz wollen beim Test genau wissen, wie viel Kraft die Patienten nach der Operation wieder hat und ob die Schmerzen weg sind. Foto: kk/si
Ebersberg, Dezember 2015 – Mit fortschreitendem Alter leiden viele Menschen an Arthrose, der Zerstörung der Knorpelschicht eines oder mehrerer Gelenke. Die dritthäufigste Stelle, an der diese Erkrankung auftritt, ist das Daumensattelgelenk. Mehr als fünf Millionen Deutsche sind von der sogenannten Rhizarthrose (rhiza = griech. Wurzel) betroffen. Reicht eine konservative Behandlung nicht mehr aus, wird operiert. In einer Langzeitstudie untersuchten die Ärzte der Abteilung Plastische-, Ästhetische- und Handchirurgie der Kreisklinik Ebersberg, ein gelenkerhaltendes Verfahren. Die Ergebnisse trugen Chefarzt Dr. Erwin Falter und Oberarzt Dr. Christian Metz im September vergangenen Jahres auf einer Fachtagung in München vor. In Kürze werden sie in der renommierten britischen Fachzeitschrift „Journal of Plastic, Reconstructive & Aesthetic Surgery“ veröffentlicht.
Dr. Falter, wie kommt es zu einer Rhizarthrose?
Meist ist die Ursache altersbedingter Verschleiß; die Krankheit tritt deshalb häufig bei älteren Menschen auf. Manchmal ist es auch Überbeanspruchung. Wir brauchen das Daumensattelgelenk täglich, wenn wir etwas greifen. Es sitzt zwischen dem ersten Mittelhandknochen und dem Os trapezium – einem Handwurzelknochen – und ermöglicht die große Beweglichkeit des Daumens. Stabilisiert wird es von mehreren Bändern.
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar und wie verläuft sie?
Bei alltäglichen Tätigkeiten, zum Beispiel beim Aufschrauben eines Marmeladenglases, treten zunehmend Schmerzen auf. Später lässt, weil man die Schmerzen vermeiden möchte, die Kraft des Daumens und damit der Hand nach. Wir unterscheiden vier Stadien, die wir im Röntgenbild sehen können. Anfangs ist die Gelenkkontur noch unauffällig. Aufgrund des entzündlichen Prozesses bildet sich jedoch Flüssigkeit im Gelenk. Im zweiten Stadium ist der Gelenkspalt schmaler geworden, ein Hinweis auf den Verschleiß des Gelenkknorpels, im dritten Stadium ist dieser Spalt ganz verschwunden und es ist bereits eine deutliche Fehlstellung des Gelenks erkennbar. Der erste Mittelhandknochen tritt immer weiter heraus, meist haben sich Osteophyten gebildet, also Knochenneubildungen. Im Endstadium ist das Daumensattelgelenk komplett deformiert.
Wie wird die Rhizarthrose behandelt?
Dr. Metz: Im Anfangsstadium kann man konservativ viel tun: bei akuten Schmerzen Ruhigstellung der Hand, bei Belastung eventuell mit Hilfe einer Daumenbandage Überbeanspruchung vermeiden, Wärmebehandlungen. Entzündungshemmende Schmerzmittel oder cortisonhaltige Injektionen können helfen, den knorpelzerstörenden Entzündungsprozess zu hemmen, sollten aber wegen der Nebenwirkungen nicht über einen längeren Zeitraum angewendet werden. Auch physikalische Therapien können Linderung verschaffen, zum Beispiel mit Reizstrom oder Thermalbädern. Alternativ kann man auch Magnetfeldtherapie einsetzen.
Ist die Arthrose schon weiter fortgeschritten, wird eine Operation empfohlen. Eine Möglichkeit ist die Denervation des Daumensattelgelenkes, also das Durchtrennen der feinen Nerven, die dieses Gelenk versorgen. Ein häufig angewandtes Verfahren ist die Entfernung des Os trapezium in Kombination mit einer Sehnen-Interposition. Das bedeutet, mit Hilfe einer benachbarten Sehne wird der Mittelhandknochen stabilisiert. Vorteil: Es gibt keine Knochen-auf-Knochen-Reibung mehr und damit keine Schmerzen. Nachteil: Der Patient hat weniger Kraft beim Greifen, benötigt eine lang anhaltende Nachbehandlung. Es dauert mindestens drei Monate, bis der Patient seine Hand wieder normal gebrauchen kann.
Zuletzt gäbe es noch die Möglichkeit, eine Gelenkprothese einzusetzen. Davon raten wir aber ab, weil die Ergebnisse nicht überzeugend sind.
Welches Verfahren haben Sie in der Studie untersucht?
Dr. Falter: Eine Kombination aus Denervation, Gelenkspülung und Kapsel-Band-Raffung. Dabei wird eines der Seitenbänder neu fixiert, so dass das Gelenk stabilisiert ist. Das Os trapezium bleibt dabei erhalten.
Wir haben zwischen 2007 und 2013 insgesamt 73 Patienten mit dieser Methode operiert, 42 von ihnen haben sich einer Nachuntersuchung unterzogen: acht Männer und 34 Frauen mit einem Durchschnittsalter von rund 62 Jahren. Bei 20 von ihnen befand sich die Rhizarthrose im zweiten Stadium, bei 22 im dritten. Wir wollten herausfinden, ob die Patienten mit dieser Operationsmethode zufrieden sind, die Schmerzen reduziert wurden und die Gebrauchsfähigkeit der Hand verbessert werden konnte.
Welche Ergebnisse konnten Sie vorlegen?
Dr. Metz: In der Nachuntersuchung mit mehreren Belastungstests äußerten sich erfreulicherweise 36 von den 42 Patienten mit dem Ergebnis zufrieden bis sehr zufrieden. Ihre Schmerzen waren deutlich vermindert und die Gebrauchsfähigkeit des Daumens und der Hand erheblich verbessert. Komplikationen waren nur sehr selten aufgetreten.
Ein großer Vorteil der kombinierenden Methode ist die schnelle Mobilisierungsmöglichkeit. Nach dem Eingriff tragen die Patienten zwei Wochen eine Gipsschiene, danach für weitere zwei Wochen eine Daumenhülse und man kann bereits mit Bewegungsübungen beginnen. Schon nach etwa vier bis sechs Wochen ist die Funktion des Daumens wiederhergestellt. Für die Stadien zwei bis drei der Rhizarthrose hat sich dieses Verfahren als eine gute Therapiemöglichkeit erwiesen.
Das Gespräch führte Sybille Föll
» Zur Abteilung für Plastische Chirurgie