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Durch Händedesinfektion Keimübertragungen verhindern


Hygiene-Team in der Kreisklinik Ebersberg mobilisiert Mitarbeiter, Patienten und Angehörige

Durch Händedesinfektion Keimübertragungen verhindern
V. li.: Dr. Peter Kreissl, Petra Lichtinger, Ulrike Kowalski und Claudia Hoppe mit dem Unterschriftsposter „Saubere Hände - Wir machen mit“ vom gut besuchten Aktionstag im Mai 2017. Foto: kk/sf

Ebersberg, September 2017 – Wie wichtig Hygiene ist, entdeckte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts der ungarische Chirurg Ignaz Philipp Semmelweis, der als erster Arzt Hygienevorschriften einführte. In Anbetracht von immer häufiger auftretenden multiresistenten Keimen ist das Thema aktueller denn je. Umso wichtiger, so viele Menschen wie möglich dafür zu sensibilisieren. Wir sprachen mit Dr. Peter Kreissl, Chefarzt der Allgemeinchirurgie und Vorsitzender der Hygienekommission, sowie den Hygiene-Fachkräften Petra Lichtinger (Leitung), Claudia Hoppe und Ulrike Kowalski.

Dr. Kreissl, wie gefährlich sind Krankenhauskeime?
Den „Krankenhauskeim“ an sich gibt es nicht. Keime sind überall, nur bemerken gesunde Menschen sie meist nicht. Neugeborene, ältere Menschen und Patienten nach einer Operation hingegen haben ein schwaches Immunsystem, so dass sie anfälliger sind für eine bakterielle Infektion, die schwere Folgen haben kann, bis hin zum Tod. Die meisten Krankheitserreger können gut mit Antibiotika behandelt werden, allerdings gibt es mittlerweile immer mehr multiresistente Erreger, die sich angepasst haben und darauf nicht mehr ansprechen. Der bekannteste ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), ein Bakterium, das sich auf der Haut ansiedelt und verschiedene Erkrankungen verursachen kann, etwa eine Lungenentzündung. Übertragen wird der Keim über Handkontakt – in einer Klinik kann dies unwissentlich durch das Personal geschehen oder auch durch weitere Personen.

Welche Maßnahmen haben Sie eingeführt, um das zu vermeiden?
Lichtinger: Das fängt beim gründlichen Händewaschen und -desinfizieren an. Wir achten seit Jahren darauf und seit Mai 2017 beteiligen wir uns an der vom Gesundheitsministerium unterstützten Kampagne „Saubere Hände“. Dabei geht es darum, die Bedeutung der Händedesinfektion fest im Bewusstsein zu verankern. Bei unserem Aktionstag im Mai konnten sich die Besucher durch Prüfen in der sogenannten Black Box selbst überzeugen, ob die vorherige Desinfektion ausreichend war oder wo es Lücken gab.
Unsere Aufgabe als Klinikhygiene-Team ist es, regelmäßig alle Mitarbeiter mit direktem Patientenkontakt zu schulen, wann eine Händedesinfektion notwendig ist. Dafür gibt es fünf Indikationen: Vor und nach dem Patientenkontakt, vor einer aseptischen Tätigkeit wie etwa einer Wundbehandlung, nach Kontakt mit eventuell infektiösem Material sowie der unmittelbaren Patientenumgebung.

Wie stellen Sie fest, ob die Händedesinfektion umgesetzt wird?
Hoppe: Indirekt durch die Berechnung des Desinfektionsmittelverbrauchs, den wir bereits seit 2011 kontrollieren, sowie durch Vor-Ort-Beobachtung in den einzelnen Abteilungen. Zudem hat jede Station und jede Funktionsabteilung einen Hygienebeauftragten. Das sind Pflegefachkräfte, die täglich in die Arbeitsabläufe eingebunden sind und so merken, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Sie sind auch als Multiplikatoren wichtig und wir sprechen mit ihnen den Schulungsbedarf ab.

Was muss die Krankenhaushygiene heute außerdem absichern?
Kowalski: Die Liste ist lang. Sie reicht von der Erstellung von Hygiene-, Reinigungs- und Desinfektionsplänen auf der Basis von Leitlinien bis hin zur Überwachung baulicher Maßnahmen. Wir nehmen Raumluft- und Wassermessungen vor, mikrobiologische Untersuchungen, kontrollieren Arbeitsabläufe auf den Stationen und ob die empfohlenen Hygienemaßnahmen umgesetzt werden.
Lichtinger: Eine wichtige Aufgabe ist auch das Dokumentieren von auftretenden Infektionen und den möglichen Übertragungswegen. Dafür beteiligen wir uns seit 2011 an dem bundesweiten Krankenhausinformationssystem (KISS). Die Berliner Charité gibt bestimmte Operationen und Therapien vor, für die bereits Referenzzahlen vorliegen und mit denen wir unsere Zahlen vergleichen können.

Welche Planungen gibt es für die Hygiene der Kreisklinik?
Lichtinger: Unser Hygiene-Fachbereich ist in den letzten Jahren sukzessive gewachsen, so dass wir im Oktober unsere Aufgabengebiete den aktuellen Anforderungen entsprechend neu strukturieren werden. Das ist wichtig für die optimale Zusammenarbeit mit den acht hygienebeauftragten Ärzten und den hygienebeauftragten Pflegefachkräften auf jeder Station. Außerdem erweitern wir unsere Tätigkeit im Rahmen des AntibioticStewardShip (ASS)-Programms, an dem wir seit 2016 teilnehmen.

Was bedeutet das?
Dr. Kreissl: Neben verschiedenen anderen Ursachen sind unkontrollierte Antibiotika-Gaben für die Resistenzen von Keimen verantwortlich. Das ASS-Programm hat eine Reduzierung der Medikamente zum Ziel. Den Einsatz prüfen wir im laufenden Betrieb: Warum erhält der Patient eine Gabe, erhält er das richtige Medikament und braucht er überhaupt ein Antibiotikum? Die Auswertung der Ergebnisse erwarten wir 2018.

Werden Patienten und Angehörige ebenfalls in die Hygiene-Maßnahmen eingebunden?
Lichtinger: Ja, das ist ganz wichtig. Sie können ebenfalls Träger von Keimen sein. An jedem zentralen Eingang der Klinik sowie in jedem Zimmer befinden sich Vorrichtungen zur Händedesinfektion und es liegen Informationsbroschüren zum Thema MRSA aus. Für den 25. Oktober haben wir einen Informationsabend in der Klinik geplant.
Dr. Kreissl: Unsere Bemühungen haben Erfolg: 2016 wurden in der Kreisklinik Ebersberg lediglich drei Fälle dokumentiert, bei denen eine Übertragung von Keimen stattgefunden hat.

Das Gespräch führte Sybille Föll
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