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Gut geschützt in die Radlsaison – Verletzungen vermeiden


Unfallchirurgen der Kreisklinik Ebersberg klären auf

Gut geschützt in die Radlsaison – Verletzungen vermeiden
Bevor die neue Radlsaison beginnt, kann man schon mal auf dem Ergometer trainieren, wie Dr. Klaiber und Dr. Schilling (v. li.) demonstrieren. Foto: kk/sf

Ebersberg, März 2018 – Fahrradfahren ist gesundheitsfördernd und umweltfreundlich. Die Risiken beim Fahrvergnügen werden allerdings oft unterschätzt. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2016 bundesweit rund 88.000 Fahrradunfälle mit Personenschaden, knapp 400 davon tödlich. Wir sprachen mit dem Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. Artur Klaiber, und dem zuständigen Oberarzt der Notaufnahme, Dr. Florian Schilling, über die häufigsten Verletzungen und wie man sie vermeiden kann.

Immer wieder wird über eine Helmpflicht für Fahrradfahrer diskutiert. Wäre ein entsprechendes Gesetz Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Dr. Klaiber: Absolut! Schwere Kopfverletzungen wie etwa Schädelhirntraumata kommen bei Radunfällen sehr häufig vor, sie machen ein Viertel aus. Bei Kindern weniger, weil sie meist gut durch einen Helm geschützt sind, aber die Zahlen bei Jugendlichen und Erwachsenen steigen von Jahr zu Jahr an. Im Teenageralter gilt ein Fahrradhelm als ‚uncool’. Und viele Erwachsene sind das Helmtragen nicht gewohnt, weil in ihrer Kindheit niemand einen Helm getragen hat. Aber jeder sollte sich bewusst machen, dass Kopfverletzungen lebensbedrohlich sind oder zumindest die Lebensqualität einschränken können. Bei zehn bis 20 Prozent der Patienten bleiben Folgeschäden zurück, zum Beispiel Gedächtnis- oder Sprachverlust, Lähmungen oder Konzentrationsstörungen, um nur die schwerwiegendsten zu nennen. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass 60 bis 70 Prozent der tödlichen Kopfverletzungen bei Radunfällen durch das Tragen eines Helms vermieden werden könnten.

Mit welchen Verletzungen kommen Radler außerdem in die Notaufnahme?
Dr. Schilling: Hauptsächlich mit Knochenbrüchen an Unterarmen, Handgelenken und Beinen. Hinzu kommen Rippenbrüche, Brustkorbverletzungen und stumpfe Bauchtraumata. Die Art der Verletzung ist einerseits abhängig von der körperlichen Kondition des Patienten. Durchtrainierte, junge Radsportler erleiden häufig nur Bänderüberdehnungen, während bei älteren Menschen Frakturen häufig sind - bis hin zum komplizierten Beckenbruch. Kinder kommen oft mit Abschürfungen oder Prellungen glimpflich davon, manchmal bricht auch die Wachstumsfuge kurz über dem Handgelenk oder der Knochen selbst, genannt ‚Grünholzfraktur’, weil der noch relativ weiche Knochen nur teilweise bricht – wie bei einem frischen Zweig, den man knickt. Bei Teenagern sind Schlüsselbeinfrakturen häufig.

Wovon ist die Art der Verletzung außerdem abhängig?
Dr. Klaiber: Vom Unfallhergang, der Geschwindigkeit und dem Fahrzeug. In unserer täglichen Praxis hat sich gezeigt, dass die schwersten Unfälle passieren, wenn zwei Radfahrer aufeinander prallen. Da gibt es keine Knautschzone, die etwas abfangen könnte. Zudem beobachten wir eine Zunahme von Unfällen bei Fahrern von E-Bikes (Elektrofahrräder) und Pedelecs. Die meisten Beteiligten sind im Seniorenalter. Während E-Bikes und Pedelecs der S-Klasse, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren, als Kleinkraftrad gelten, so dass man einen Mofa-Führerschein braucht und Helmpflicht besteht, kann ein Pedelec mit maximal 250 Watt Leistung ohne Fahrerlaubnis und Helm gefahren werden. Der Motor unterstützt den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h, dann muss in die Pedale getreten werden. Der Beschleunigungsvorschub und die Geschwindigkeit werden oft unterschätzt. Auch das Verhalten in Kurven ist bei E-Bikes und Pedelecs anders als bei Fahrrädern. Beides führt dazu, dass die Fahrer öfter stürzen. Die Energie, die dabei auf den Körper einwirkt, ist vergleichbar mit der bei Motorradunfällen. Meine Empfehlung ist: Erst einmal üben und freiwillig einen Helm tragen!

Gibt es beim normalen Fahrradfahren neben der Unfallgefahr andere gesundheitliche Risiken?
Dr. Schilling: Ja. Bei einer dauerhaften Fehlbelastung können Schäden an der Wirbelsäule entstehen. Wer sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, sollte darauf achten, dass es optimal auf den Körper eingestellt ist, dass also Sattel- und Lenkerhöhe sowie Rahmengröße stimmen.

Bei aller Vorsicht: Radfahren gilt als gesundheitsfördernder Sport. Warum?
Dr. Klaiber: Es ist eine aktive Bewegung, die Bein- und Rumpfmuskulatur stärkt, ebenso Herz- und Kreislauf. Außerdem beugt es Knie- und Hüftarthrose vor und bei bestehender Arthrose hat Radfahren eine therapeutische Wirkung. Allgemein steigert es die geistige und körperliche Fitness. Wichtig ist jedoch eine gleichmäßige Belastung des Bewegungsapparates.

Das Gespräch führte Sybille Föll


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