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Einstufung in Farbsystem bestimmt die Wartezeit


Triage in der Notaufnahme der Kreisklinik Ebersberg hat sich bewährt

Triage in der Notaufnahme der Kreisklinik Ebersberg hat sich bewährt
Die Krankenpflegerin Magdalena Klüg und Dr. Artur Klaiber im Triage-Raum der Zentralen Notaufnahme, wo die Erstuntersuchung eines Patienten stattfindet. Foto: kk/sf

Ebersberg, Dezember 2019 – Vor gut einem Jahr richtete die Kreisklinik Ebersberg ein Triage-System in der Notaufnahme ein. Seitdem bekommen alle eintreffenden Patienten umgehend Kontakt zu einer qualifizierten Fachpflegekraft, damit schnell und zuverlässig die Schwere der Erkrankung beziehungsweise Verletzung eingeschätzt werden kann. Kritisch Erkrankten unverzüglich eine effiziente ärztliche Versorgung zukommen zu lassen, ist erstrangiges Ziel der Triage. Chefarzt Dr. Artur Klaiber, organisatorischer Leiter der Zentralen Notaufnahme (ZNA) und die Krankenpflegerin Magdalena Klüg erklären das neue System.

Wie bewährt sich das Triage-System im Alltag?
Klüg: Transparenz und Akzeptanz sind gewachsen, es gibt deutlich weniger Beschwerden, und die Ärzte können sich gezielter um dringende Notfälle kümmern. Vor der Einführung des Triage-Systems hatten wir kaum objektive Parameter, um Patienten mit leichteren Beschwerden oder Verletzungen verständlich zu machen, warum sie nicht sofort untersucht beziehungsweise behandelt werden.

Was hat sich konkret geändert?
Dr. Klaiber: Früher nahmen die Patienten nach der administrativen Anmeldung im Warteraum Platz, ohne zu wissen, wie lange sie warten müssen. Jetzt geht jeder Patient nach der Anmeldung in den Triage-Raum, wo er von einer erfahrenen Pflegekraft erstuntersucht wird. Sie fragt nach den Beschwerden, misst den Blutdruck, den Puls und die Körpertemperatur. Entsprechend der Werte und der Beschwerden stellt sie den Dringlichkeitsgrad der Behandlung und die benötigten Ressourcen – zum Beispiel EKG, Röntgen oder Ultraschall – nach festgelegten medizinischen Parametern fest.

Wie wird die Dringlichkeit unterteilt?
Klüg: Nach einem Punktesystem in fünf Farben. Darin sind auch die Wartezeiten bis zur Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt geregelt. Rot heißt, es sind sofortige, lebensrettende Maßnahmen notwendig. Orange bedeutet, es besteht eine Hochrisikosituation, etwa Atemnot, Verdacht auf Schlaganfall oder eine Kopfplatzwunde, die ein Hinweis auf ein schwereres Schädelhirntrauma sein kann. Die Wartezeit beträgt bei diesen Patienten maximal zehn Minuten. Auch Kinder unter 14 Jahren ordnen wir in diese Gruppe ein, unabhängig von der Ersteinschätzung. Unter Gelb fallen zum Beispiel Patienten mit einer Sportverletzung und Gelenkbeschwerden oder mit Verdacht auf eine Lungenentzündung. Sie benötigen meist zwei Ressourcen, etwa Röntgen und eine chirurgische Versorgung. Unter Grün werden Patienten mit Bagatellverletzungen oder unkomplizierten Erkältungskrankheiten eingeordnet. Blau schließlich sind Patienten mit chronischen Schmerzen oder etwa einer einfachen Blasenentzündung.

Werden Letztere auch in der Klinik behandelt?
Nein. Wir empfehlen diesen Patienten, zum Hausarzt zu gehen oder außerhalb seiner Sprechstunde in die Ärztliche Bereitschaftspraxis der KVB, die sich direkt neben der ZNA befindet.

Können die mit der Einstufung verbundenen Wartezeiten immer eingehalten werden?
Klaiber: Die Anzahl der Patienten in einer Notaufnahme ist niemals planbar. Wenn es an einem Tag besonders viele lebensbedrohliche Notfälle gibt, kann sich die Wartezeit bei den anderen Patienten natürlich verzögern. Umgekehrt kann es sein, dass die Wartezeit manchmal kürzer ausfällt.

Wo warten Patienten mit der Dringlichkeitsstufe Orange?
Klaiber: Für diese Patienten wurde eigens eine Überwachungseinheit mit sechs Plätzen eingerichtet, wo die Vitalfunktionen wie Puls, Herzfrequenz, Blutsauerstoff und andere überwacht werden können, bis die ersten Ergebnisse der Untersuchungen wie etwa einer Blutabnahme vorliegen. Dann entscheidet ein Arzt, welche weiteren Maßnahmen notwendig sind.

Müssen Patienten, die mit dem Rettungswagen in die ZNA gebracht werden, auch das Triage-System durchlaufen?
Klaiber: Nein. Da wird die Ersteinschätzung bereits während der Fahrt vom Sanitäter vorgenommen, der uns informiert. Je nach Art der Erkrankung beziehungsweise der Verletzung kommt der Patient dann sofort in den Schockraum der ZNA oder auf die entsprechende Station.

Wie ist das System fachlich und personell ausgestattet?
Klüg: Tagsüber sind immer ein Unfallchirurg, ein Allgemeinchirurg und ein Internist zugegen, auf Abruf auch weitere Ärzte, etwa aus der Gynäkologie oder Urologie. Nachts und am Wochenende ist die ZNA mit mindestens einem Internisten und einem Chirurgen besetzt.
Klaiber: Die Ersteinschätzung übernimmt immer eine erfahrene Pflegekraft des jeweiligen Schichtdienstes. Voraussetzung für diese verantwortungsvolle Aufgabe ist, dass sie eine abgeschlossene Krankenpflegeausbildung hat und in das Triage-System in der Notaufnahme eingearbeitet ist.

Ihr Fazit zu einem Jahr Triage, Dr. Klaiber?
Wir haben unser Ziel erreicht, das System gibt Ärzten und Patienten gleichermaßen Sicherheit. Trotzdem möchte ich an alle Bürgerinnen und Bürger appellieren, nicht unnötig die Notaufnahme der Klinik aufzusuchen, sondern bei leichten Beschwerden erst einmal den Hausarzt oder außerhalb seiner Sprechzeiten die Ärztliche Bereitschaftspraxis der KVB.

Das Gespräch führte Sybille Föll, Freie Journalistin


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